Sonntag, 26. Januar 2014

Armenisch feiern

Heute war ein recht eigenartiger Tag. Ein Tag der gemischten Gefühle und ein Tag der Festivitäten.

Vor zwei Tagen ist die Großmutter meiner Gastfamilie verstorben und heute war die Abschiedsfeier. Die Beerdigung ist gestern gewesen, da war ich aber nicht da. Wie der Zufall und ein nicht so gut getimtes Schicksal so wollten ist heute auch der Geburtstag meiner Gastmutter Silva gewesen. Wie gesagt…ein schlechtes Timing. 

So traurig der Anlass auch ist, so interessant war es aber auch, den armenischen Traditionen beizuwohnen.

Heute um 11 Uhr sind wir in die Wohnung in der Verstorbenen gefahren, wo schon eine Menge Leute da waren um ihre Aufwartung zu machen. Es gab Kaffee und Kuchen und es wurde viel geredete, ab und an wurde auch mal Scherz gemacht. Die Stimmung war im Allgemeinen aber eher ruhig, wie ihr euch sicher denken könnt. Nach anderthalb Stunden sind wir dann alle auf den Friedhof gefahren. Die Männer haben der Verstorbenen zu Ehren Vodka auf das Grab geschüttet, während die Frauen eine Art Weihrauchpulver in einen Topf geworfen haben, der den typischen Geruch von Weihrauch verströmte. Natürlich war mir klar, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass die Familie mich an diesem traurigen Ereignis teilhaben lässt und deswegen habe ich mich auch dezent im Hintergrund gehalten. Am Ende wurde mir dann aber doch zu verstehen gegeben, ich solle doch auch den Vodka auf das Grab träufeln. Es war schon ein komisches Gefühl den hinterbliebenen Söhnen zu kondolieren ohne auch nur eine Ahnung zu haben, was man sagen soll. Aber wir haben uns verstanden. 

Nach dem Besuch auf dem Friedhof ging es zurück in die Wohnung, wo der Leichenschmaus bereits aufgetischt war. Vor dem Haus standen die daheimgebliebenen Kinder mit Wassereimern und jeder, der das Haus betrat, wusch sich vorher die Hände. Der Tisch war reichlich gedeckt und das Wohnzimmer war viel zu klein für alle, so dass die Gesellschaft sich auf zwei Zimmer aufteilen musste. Es gab viel Fleisch, Brot, Käse und Kräuter. Und in regelmäßigen Abständen ist einer der  Gäste aufgestanden und hat einen Toast auf die Verstorbene ausgesprochen, den Hinterbliebenen sein Mitgefühl ausgedrückt und, soweit ich es verstanden habe, wurden immer ein paar Worte zum Leben und zum Tod im allgemeinen gesagt. Es wurde dann mit Vodka angestossen und das interessante war, dass nicht mit den Gläsern, sondern mit den Fingern angestoßen wurde. Man wollte die Stille bewahren.

Nach zweieinhalb Stunden sind wir dann aufgebrochen und zum Haus meiner Gastfamilie gefahren um die Geburtstagstafel vorzubereiten. Man hat es der gesamten Familie angemerkt, dass ihr nicht zum feiern zu mute war, aber man wollte natürlich auch über den Tod der Großmutter nicht den Geburtstag der Mutter vernachlässigen. Wieder wurde reichlich aufgetafelt und an nichts gespart. Die Runde der Feiernden war aber allerdings bedeutend kleiner als zum Leichenschmaus. Und dieses mal wurde auf die Mutter natürlich klirrend angestoßen. Das war der große Unterschied. 

Armenier feiern also mit viel Essen, Trinken und viel Aufwand. Den Gästen soll es nichts mangeln.

Auch wenn ich natürlich nicht viel von den gesprochenen Worten verstanden habe, die wichtigsten Sachen haben ich mitbekommen und ich bin sehr dankbar, dass mich die Familie an diesen Ereignissen, auch wenn sie noch so traurig sind, teilhaben lässt. Es war eine Selbstverständlichkeit für sie, dass ich mit zum Leichenschmaus komme. 

Das war ein sehr berührender Tag für mich. 

Dienstag, 14. Januar 2014

Wer hätte das gedacht?

Der menschliche Körper verfügt über exakt die Anzahl an Knochen, um daraus eine original getreue Abbildung eines humanen Skeletts zu rekonstruieren.

Samstag, 11. Januar 2014

Kirche in weiß

Da die Wochenenden in Gyumri ein wenig…naja…eintönig verlaufen, habe ich mir gestern zwei ortsansässige Freiwillige geschnappt und wir sind 20 Minuten aus der Stadt raus gefahren und haben Marmaschen besucht. Bei der Schreibweise, muss ich gestehen, bin ich ein bisschen unsicher, weil ich schon fünf verschiedene Varianten gefunden habe. Wie dem auch sei. 

Man hat mir erzählt, es wäre besonders schön im Frühling, aber seht selbst – im Winter ist es auch nicht zu verachten…










Im Frühling werde ich zurückkommen und den direkten Vergleich ziehen können. Aber auf dem zugefrorenem Fluss entlangzulaufen und die schneebedeckten Hügel links und rechts zu haben…das war schon beeindruckend – und gar nicht so kalt wie es aussieht.

Ab morgen geht es dann wieder auf Arbeit. Letzte Woche waren die Kinder alle noch zu Hause, so dass ich einen Tag für drei Stunden im Center war, aber nicht wirklich etwas gemacht habe. Na gut, habe mit den Mitarbeitern Kaffee getrunken und versucht Small Talk zu machen und ein bisschen das neue Jahr arbeitstechnisch geplant. Mal sehen…

Mittwoch, 8. Januar 2014

Gedanken eines Freiwilligen

Warum bin ich hier?

Das ist eine gute Frage.

Um ehrlich zu sein, weiß ich es nicht.

Zum einen sicherlich, weil ich noch nie für ein Jahr in einem anderen Land gelebt habe, dann auch noch ein Land, wie Armenien, was bei den meisten sicher nicht unter den Top 100 der Länder ist, die man mal besuchen sollte. Wußte ich, wo Armenien liegt, als mir die Idee herangetragen wurde? Gute Frage, ich weiß es nicht mehr. Aber exotisch klang es schon, was meine Professorin mir da alles berichten konnte. Und sie ist Feuer und Flamme für das Land. Das hat angesteckt…sicherlich.

Die Möglichkeit, für ein Jahr ins Ausland zu gehen, hätte ich aber auch während des Studium gehabt. In dieser Zeit habe ich das aber nie wahr genommen. Warum da nicht? Warum nach dem Studium, wenn mein Leben doch nun endlich in "geraden" Bahnen verlaufen sollte. Sprich ein Job, eigenes Einkommen und was sonst noch alles mitgeliefert wird in diesen Bahnen.

Naja…um ehrlich zu sein, habe ich mich nicht wirklich bereit gefühlt um diese Wege zu gehen. Das Referendariat zu beginne hätte bedeutet, dass der Ernst des Lebens nun beginnt. Ein bisschen Flucht vor diesem Leben war es also auf jeden Fall auch. War klasse gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen zu können. Man kann dann doch noch mal was von der Welt sehen und man muss sich dem seriösen Leben noch nicht stellen.

Das klingt vielleicht alles ein bisschen zynisch, so ist es aber nicht gemeint. Die Frage, warum ich eigentlich hier bin, beschäftigt mich seit…nun ja…seit dem ich hier bin. 

Ein unorthodoxer Weg der Selbstfindung?
Flucht vor dem Unausweichlichem?
Das Stillen einer Neugier, die ich bis dahin nie hatte?

Für das Jahr 2014 gilt es, diese Frage zu beantworten.

Warum bin ich hier?

Sicher kann ich nur eins sagen: ich bin nicht hier um die Welt zu verändern!

Bin ich hier um mich zu verändern?

Montag, 6. Januar 2014

Weihnachten – Klappe die 2.

Nach zwei Wochen in Yerevan, dem europäischem Weihnachten, dem Neujahr, einer Menge Spaß und Unbeschwertheit, bin ich gestern, am 05. Januar wieder nach Gyumri gefahren. Meine Entscheidung in Yerevan, die langen Unterhosen anzuziehen, war richtig, denn auch wenn es in Yerevan bei konstanten -10 Grad und nicht selten kälter war…Gyumri schlägt das alles um glatte 10 Grad weniger. 

Also…zurück in Gyumri und das Hallo mit meiner Gastfamilie war groß. Ich war kaum zur Tür rein, da "drängte" man mich bereits liebevoll ins Wohnzimmer. Und ich war total baff, denn in der Mitte des Raumes war ein großer Tische aufgestellt, auf dem ein ganzer Supermarkt aufgebahrt schien. Eine beeindruckende Feiertagstafel, kann ich Euch sagen. 




Und in der Ecke des Raumes fand sich sogar ein kleiner Weihnachtsbaum.



Wir haben dann also Platz genommen und keine 10 Minuten später hatten Gvork und ich zwei Wodkashots intus. Gehört zur Gastfreundlichkeit, was soll ich da machen.
Das Essen war wahnsinnig lecker. Es gab Schweinekeule, Tolma (oder Dorma, weiß nicht genau, wie das geschrieben wird), mit Reis gefüllte Weinblätter, eine Menge Wurstköstlichkeiten, Brot natürlich und jede Menge Süßkram. Nach zwei Stunden hatten wir dann vier Wodka intus. Ich sag ja…Gastfreundschaft. Wir haben dann auch mit einer Tochter der Familie geskypt, welche in Russland wohnt. Und die Tochter aus Yerevan war auch da. Gemeinsam haben wir also den Nachmittag verbracht, Kaffee getrunken, Kuchen verspeist und, so gut es mir eben möglich war, geredet.




Der Brauch ist es, dass man zu Weihnachten von Haus zu Haus zieht und dort einfach einkehrt. Also natürlich nur die Häuser der Familienmitglieder, Freunde und vielleicht Arbeitskollegen. Aus diesem Grund steht in jedem Haus eine solch beeindruckende Tafel bereit, denn man weiß nie, wer kommt, wann er kommt, mit wie vielen er kommt und wie lange er bleibt. 
Meine Gastfamilie ist da aber ein bisschen reserviert. Die Tochter aus Yerevan meinte, sie mögen es nicht so, von Haus zu Haus zu ziehen. Und wenn sie es machen, dann geht meistens nur der Vater.

Traditionelles Weihnachten ist dann heute, am 06. Januar. Dem Epiphanias…also dem Fest der Erscheinung des Herrn. Aber es ist mehr "casual", wenn man das so sagen darf. Nicht wie bei uns am 24. Dezember. Dennoch ist die Woche vom 31. Dezember bis zum 06. Januar die Woche der gedeckten Tafel und der ungetrübten Gastfreundschaft. Und in der Nacht vom 12. zum 13. Januar wird dann das alte Jahr verabschiedet. Mal sehen, wie das gefeiert wird.

Die armenischen Alpen – Tzaghkadzor

Neben all der Feiertagsstimmung in Yerevan, dem vielen Essen und dem ganzen nichts tun, habe ich aber auch ein bisschen das Land erkundet. Letzten Freitag war ich in Tzaghkadzor, dem Wintersportgebiet in Armenien überhaupt. Es war kalt, ok, und ich hatte weder Mütze noch Handschuhe am Mann. Selber schuld. Aber es war traumhaft, auch wenn ich absolut nicht der Wintersporttyp bin. 

Hier die Bilder:







Wie man sehen kann, war es sehr nebelig aber das hat die Atmosphäre in keiner Weise geschmählert. Im Gegenteil, der Blick vom Sessellift ins Tal, mit dem Nebelmeer links und rechts, war sehr beeindruckend. Und es war mein erster Ritt auf einem Sessellift überhaupt. Und das in Armenien.

Mittwoch, 1. Januar 2014

2013 war gestern – na gut…vorgstern

Ich wünsche allen auf diesem Wege noch ein gutes, glückliches und phänomenales Jahr 2014. 
Vielleicht sollte man nicht so viel in Superlativen reden, aber von Nichts kommt ja Nichts. 

Also – Silvester in Yerevan.
Spannende Angelegenheit, denn schließlich hat man mir versichert, dass Neujahr das wichtigste Fest für die Armenier ist. Dem entsprechend groß waren die Erwartungen auf diesen Event.
Begonnen haben wir aber mit einem großen, langen und gemütlichen Essen in der Wohnung von FYCA (Federations of Youth Clubs of Armenia), der Organisation, die mich hier betreut. Die Wohnung, liebevoll der Bunker genannt, ist mein zu Hause, wenn ich in Yerevan bin. Für den Anlass haben die hier vertretenen Nationen (Ungarn, Niederlande, Amerika und Deutschland) jeder ein Gericht auf den Tisch gezaubert – das war zumindest der Plan. Im Endergebnis sah es dann so aus, dass die ungarische Partei das meiste gekocht und gebraten hatte, die Niederländer haben ein köstliches Karotten-Kartoffel-Speck-Gemisch beigetragen, Amerika war mit Eis vertreten und Deutschland hat… naja...ich hab den Alkohol gekauft. Und das Brot.

Da es immer noch verdammt kalt ist in Yerevan (-18 Grad in der Nacht), sind wir auch nicht so früh aufgebrochen um auf dem Republic Square das neue Jahr zu begrüßen. Kurz vor halb zwölf ging es dann mit Sekt bewaffnet in die Kälte. Die Stadt war überraschend ruhig. Ich hatte die ganze Zeit die vergangenen Silvester in Deutschland im Kopf. Wenn schon nachmittags um vier mit dem Geknalle angefangen wird und man Angst haben muss, was zwischen die Beine geschmissen zu bekommen…oder der Briefkasten das zeitliche segnet. Von alle dem war nichts zu spüren. 
Auf dem Republic Square hatte man eine Bühen aufgebaut und es waren tatsächlich Leute da. Aber die Massen waren überschaubar. In Armenien wird das Ereignis des Jahres dann wohl doch im Familien- und Freundeskreis gefeiert. Aber für uns war es genug. Wir haben noch andere Freiwillige getroffen und haben zwanzig Minuten zu armenischem Schlager getanzt. 

Bühne auf dem Republic Square

Punkt zwölf (nach armenischer Uhr) flog ein kurzes, aber schönes Feuerwerk um unsere Ohren und wir uns um den Hals…Happy New Year hier, Happy New Year da. Küsschen links, Küsschen rechts, Sekt gesüffelt…!




Lange haben wir uns aber auf Platz dann nicht mehr aufgehalten, weil, ich sagte es bereits, es verdammt kalt war. Wir sind dann in einen Club und…ach was…Eintritt zahlen…ok. Wie viel? 5000 Dram (10 Euro). Ne danke. Nächster Club. Geschlossen, weil nicht geöffnet. Toll! 
Die erste Stunde des neuen Jahres haben wir also damit verbracht einen Ort zu finden, um 2014 gebührend zu feiern. Beim dritten Versuch hat es dann geklappt. Im Hemmingway´s musste man zwar auch Eintritt zahlen, aber da wir so oft da sind und gut mit dem Barmann können, mussten wir nichts bezahlen. Gute Party…!

Den 1. Januar haben wir relativ spät begonnen.
Um jedoch nicht völlig nutzlos zu sein, haben wir uns entschlossen, einen Neujahrsspaziergang zu machen. Wir waren in der Kirche…nur um mal hallo zu sagen, und haben uns die in Nebel gehüllten Kaskaden angeschaut. Die Atmosphäre war ruhig, gemütlich…keine Hektik oder Eile. Das hat mir gefallen. 


Der Garten des Parlaments


Die Kaskaden im Nebel

Im kommenden Jahr wird es einiges zu berichten geben, denke ich. Schließlich habe ich ja noch nicht mal im Ansatz alles gesehen, was es in Armenien zu sehen gibt. Und es gibt ja auch noch angrenzende Staaten, die ich erkunden möchte. Und nicht zu vergessen, die Arbeit im GSCC. 
Die nächsten zwei Tage werde ich noch in Yerevan sein und dann geht es zurück nach Gyumri um Weihnachten mit meiner Gastfamilie zu verbringe. Davon berichte ich dann später!

Lasst es Euch gut gehen…!
Macht das beste draus! Und denkt dran…das nächste Jahr kommt bestimmt.