Montag, 17. Februar 2014

Moving to the South

Seit meinem letzten Eintrag hat sich hier einiges getan. Die Stimmung steht auf Motivation und das Wetter in Armenien macht da auch mit. Es ist Frühling und sogar in Gyumri, wo immer noch Schnee liegt, kann man schon die ersten Frühblüher an jeder Ecke kaufen. Aber der Reihe nach.

Am 1. Februar hat uns Thomy verlassen. Er war hier für ein halbes Jahr Freiwilliger und sein Projekt war Februar zu Ende gegangen. Aus diesem Grund waren wir in Yerevan feiern. Es war schon recht merkwürdig, dass man Menschen gegenüber, die man erst vier Monate kennt, solche Gefühle wie Traurigkeit entgegenbringen kann, wenn sie einen verlassen. Das Feiern war schön, wie immer, aber als er dann das Taxi zum Flughafen genommen hat, war die Stimmung auf dem Tiefpunkt. Ich denke mal, dass es deswegen ist, weil wir hier alle im selben Boot sitzen. Ich meine, jeder hat seine Gründe warum er hier ist und das Meistern des Alltags in Armenien schweißt wohl doch ziemlich zusammen. Das "Freiwilligen Universum" ist eine eigenartige Welt. 

Nun ja…aber wie heißt es so schön, wenn eine Tür zugeht, sollte man einen Schlüssel haben um wieder rein zu kommen.

Thomy ist nun also weg, aber als "Ersatz" sind die Polen gekommen. Seit Februar haben wir neue Freiwillige, die auch in Gyumri leben und arbeiten. Also haben wir in Yerevan erstmal ein großes Essen mit allen Freiwilligen und den Damen aus unserer Hostorganisation veranstaltet. Man will sich ja kennen lernen, die ersten Erfahrungen und Gedanken austauschen und so weiter. 
In meinem Center bin ich nun auch nicht mehr alleine, sondern arbeite mit Magda zusammen. Sie hat ein wenig frischen Wind in meine Motivation gebracht, wenn man das so sagen kann. Gemeinsam veranstalten wir nun Englischstunden für die Mitarbeiter des Centers, wir werden in zwei Wochen eine Kochclub beginnen, ein Reiseclub ist auch in Planung und je nach dem, wie das alles läuft und wie es die Zeit zulässt, werden wir vielleicht auch einen Singclub ins Leben rufen. Armenier lieben es zu singen und zu tanzen. Vor allem Kinder und Jugendliche mögen es, sich über die Kunst Ausdruck zu verschaffen. 

Und die Aktivitäten nehmen kein Ende. Vor einer Wochen hatten wir eine Idee für ein Großprojekt. Natürlich ist noch nichts Spruchreif und so, aber die Motivation für das Projekt ist bei vielen sehr hoch. Kurz beschrieben: wir wollen mit allen Freiwilligen, also denen aus Yerevan und Gyumri, für eine Woche in Gyumri Workshops und Seminare für die lokale Jugend gestalten. Thema soll die Stadt und ihre Jugendlichen sein. Wie fühlen sie sich in ihrer Stadt, was verbinden sie mit ihr? Und das sollen sie möglichst künstlerisch umsetzten. Künstlerisch meint hier in Form von Tanz, Bilder, Photos, Videos, Gedichten und Kurzgeschichten. Wenn auch nur die Hälfte von dem klappen wird, was wir im Kopf haben, wird das ne tolle Sache. Und selbst, wenn das Projekt nicht zu Stande kommen sollte, aus welchen Gründen auch immer, habe ich für mich eine tolle Idee daraus behalten. 
Ich möchte mit eine paar Jugendlichen ein Geschichtsprojekt veranstalten. Genaueres ist noch nicht auf dem Papier, aber ich arbeite dran.

Seit gestern bin ich wieder in Yerevan und bleibe hier für eine Woche. Der Grund ist, dass ich letzten Freitag eigentlich in meine Wohnung hätte einziehen können, wegen vereisten Rohren war das aber nicht möglich. Dann hieß es erst, ich könne Sonntag einziehen, aber Samstag sagte man mir dann, dass die Rohre immer noch vereist wären und der Spezialist erst über die Woche kommen kann. Da ich meine Gastfamilie aber nun schon verlassen hatte und wir ein paar Unstimmigkeiten zum Ende hin hatten, war ich in eine ziemliche Zwickmühle geraten. Zurück gehen konnte ich nicht, weil die Stimmung, sagen wir mal, unterkühlt war und in Gyumri war keine Wohnung für mich da. Meine Koordinatorin meinte dann, ich solle für die eine Woche nach Yerevan ziehen. 
Aber auch hier habe ich eine Menge für die Woche. Neben dem updaten dieses Blogs will ich an meinen Ideen für die Workshops arbeiten und auch sonst wird sich einiges finden. Langweilig wird mir sicher nicht. Werde mal der deutschen Bibliothek im Goethe-Institut einen Besuch abstatten. 

Neben dem ganzen oben genannten waren wir aber auch für zwei Tage im Lande unterwegs. Soooo viel von Armenien habe ich ja noch nicht gesehen. Also haben wir uns entschlossen mal für zwei Tage in den Süden des Landes zu fahren. Eine Gegend, die ich auf jeden Fall noch nicht gesehen habe. Samstag früh ging es dann um 8 Uhr los. Und die Stadt war wunderschön. Es war frisch-kalt und die der Sonnenaufgang war einfach perfekt.



Sisian

Mit der Marshurtka ging es dann nach Sisian. Vier Stunden in einem Minibus ist wirklich nicht gemütlich, aber ich habe die Hälfte der Zeit geschlafen. Ist ein Reflex. Kaum setzt sich das Gefährt in Bewegung fallen mir die Augen zu. Aber als wir in Sisian ankamen, wurden wir von einer atemberaubenden Landschaft empfangen. Um die Stadt herum war ein Gürtel aus schneebedeckten Bergen, wie weiße Riesen. 




Die Stadt an sich war eher klein, man kann schon sagen, nichts besonderes, aber sie war eben neu für uns und das hat es spannend gemacht. Erstmal haben wir uns eine Bleibe gesucht und einen Plan gemacht, was wir nun alles sehen wollen. Das Hotel war günstig und gut und der Plan sah vor, dass wir erstmal den Wasserfall aufsuchen, der in nicht all zu weiter Entfernung der Stadt sein sollte. Geplant getan, machten wir uns also auf die Socken. Natürlich haben wir ne Menge Bilder von der Stadt und der Landschaft gemacht. 






Die nicht all zu weite Entfernung entpuppte sich dann aber doch zu einem anderthalbstündigen Fußmarsch. Das war in der Sache nicht schlimm, aber jeder Armenier, den wir nach Richtung und Entfernung gefragt haben, hatte uns versichert, es seien nur noch 10 Minuten, maximal zwei Kilometer. 
Aber der Marsch hat sich gelohnt, halb vereist, mit einem Regenbogen geschmückt haben wir dann den Wasserfall inzwischen kleiner Berge gefunden. 



Auf dem Weg zum Wasserfall sind wir zwei Armeniern begegnet, die sich das Naturschauspiel auch ansehen wollten. Als wir uns dann gemeinsam auf den Rückweg machten, hat uns einer der beiden gefragt, was wir uns denn noch so alles ansehen wollen. In der "Nähe" sollte es das Armenische Stonehenge geben, was wir uns ansehen wollte. Arthur, einer der beiden, hat uns fünf prompt in sein Auto verfrachtet und uns hin gefahren. "In der Nähe" war dann auch ne halbe Stunde fahrt mit dem Auto. 

Steine…viele Steine. Viele alte Steine. Aber imposant war es alle mal.



Arthur hat uns dann noch zu einem verlassenen Kloster gefahren, was gar nicht auf dem Plan stand. Aber das war nicht schlimm, denn eine verlassenes Kloster mitten im Nirgendwo war die Fahrt auf jeden Fall wert.





Nach dem er uns zu guter Letzt dann noch zu einem guten Restaurant gefahren hat und unsere Einladung, zum Essen zu bleiben ausgeschlagen hatte, waren wir mächtig beeindruckt von der Armenischen Gastfreundlichkeit, von der Bereitschaft, Fremden das Land zu zeigen und nichts, rein gar nichts dafür haben zu wollen. 

Nach dem Essen sind wir dann in die einzige Bar am Platz gegangen. Den Abend ausklingen lassen.
Folgendes: wenn man als einziger Mann mit vier Frauen eine armenische Bar betritt, in der sich natürlich nur Männer aufhalten, weil Frauen nicht ausgehen, dann kann man sicher sein, dass das Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit der Tisch ist, an den man sich setzt. 
An dem Abend hatten wir auch zum ersten Mal ein "Problem" mit einem armenischen Mann. Wahrscheinlich dachte er, er könne sich eine der Damen ausleihen und wurde dann doch etwas physisch. Nicht gewalttätig oder so, aber es hat gereicht. Die Krönung des Abends war dann, dass uns ein weißer Minivan bis zum Hotel gefolgt war und dann tatsächlich zwei der Herren ins Hotel kamen und den Damen wohl einen Besuch abstatten wollten. Die Frau an der Rezeption hat sie aber zum Gehen aufgefordert, die Tür verschlossen und alles war wieder in bester Ordnung, auch wenn ich für die nächste Stunde immer noch ein mulmiges Gefühl im Magen hatte.

Goris und Tatev

Sonntag Morgen sind wir zeitig aus den Federn und haben die 9:30 Marshurtka nach Goris genommen. Alle waren ein bisschen überrascht, dass so viele Menschen auf einmal in dem Bus sitzen. Kein Wunder wenn fünf fremde die Plätze belegen. Mit 22 Mann in einem Bus, der für 18 ausgelegt ist, sind wir dann eine Stunde durch die Landschaft gekurft. In Goris angekommen, haben wir erstmal Kaffee und Frühstück gesucht und gefunden.



Dann habe wir mit einem Taxifahrer gesprochen, wie wir am besten zum Kloster nach Tatev kommen, denn das stand als erstes auf unserer Liste. Zum Glück hatten wir zwei Mädels dabei, die zusammen genommen ein fast vollständiges Russisch sprechen konnten. 
Der Taxifahrer wurde dann für den halben Tag unser Chauffeur. Wir haben einen guten Preis ausgehandelt.

Als erstes ging es zu den "Wings of Tatev". 
Das ist eine Gondelbahn, die einen zu dem Kloster bringt. Der zweite Weg, mit dem Auto, war vereist. War aber nicht schlimm, denn wir wollten eh mit der Gondel fahren. Naja…etwas mehr als fünf Kilometer lang und 320 Meter über dem Erdboden an der höchsten Stelle…wirklich ne tolle Idee. So abenteuerlich das auch war, ein paar Mal war es schon schön, die Augen einfach zu zu machen.




Tatev an sich, das Kloster, war mächtig beeindruckend. Direkt am Abgrund gebaut bot sich uns ein wahnsinniger und ein wenig furchteinflößender Anblick der Natur. 



Das Kloster war das bisher größte Kloster, was ich besucht habe. Wir sind bestimmt eine Stunde in der Anlage rumgelaufen und haben uns alles angesehen, was es zu sehen gab.













Der Taxifahrer hatte auf uns gewartet und wollte uns eigentlich wieder zurück nach Goris bringen. 
Aber er zeigte uns noch ein bisschen mehr von seiner Region. 
Eine kleine Aussichtsplattform, extra für die Touristen angefertigt, damit die Landschaftsbilder auch besonders vorzeigefähig werden…



 die "Devils Bridge"…



 und heilende Quellen. Haben wir natürlich einen kräftigen Schluck von genommen. Man weiß ja nie.


Ok…aus dem Becken haben wir nicht getrunken, das ist nur fürs Baden im Sommer. Soll auch heilen.

Wie ihr lest und seht, war es ereignisreich in den letzten Wochen und ich bin frohen Mutes und hoch motiviert, dass alles, was mir jetzt gerade so im Kopf rum geht auch verwirklicht werden kann.