Montag, 7. Oktober 2013

Sightseeing ohne Ende

Wie das so ist, wenn man eine unbekannte Stadt, ein fremdes Land bereist, ist man die ersten Tage damit beschäftigt, sich die neue Umgebung zu erschließen. Gerade in einer Stadt wie Yerevan gibt es scheinbar unermesslich viel zu entdecken. 
Deswegen war ich die letzten drei Tage damit beschäftigt, mir so viel wie möglich anzusehen.

Freitag:

Dieser Tag war ganz für die Bildung reserviert. Von den vielen Museen, die Yerevan zu bieten hat, wollte ich mir zwei genauer ansehen. Mehr ist, denke ich, nicht drin, wenn man sich etwas behalten möchte. Meine Wahl viel auf das Museum der Stadt Yerevan und das Museum für armenische Geschichte. Im Gebäude des Letztgenannten ist auch die Nationalgalerie untergebracht, also, drei Fliegen mit zwei Klappen.
Das Yerevanmuseum sollte um 11 Uhr öffnen. Pünktlich 10:53 Uhr stand ich davor. In der Eingangshalle konnte ich die letzten Minuten Teppiche bestaunen. Leider wurde mir dann gesagt, dass das Museum geschlossen sei für den heutigen Tag. Ok. Nicht ok, aber ok.
Also bin ich einfach die Straße hochgelaufen, zum Platz der Republik, wo sich das Museum der Armenischen Geschichte und die Nationalgalerie befinden. 

Platz der Republik - geradezu das Museum und die Galerie
Leider darf man in dem Museum keine Photos machen, aber Armenische Geschichte geht weit weit zurück und die Exponate zur Frühgeschichte waren atemberaubend. Unglücklicherweise waren die meisten Beschreibungen auf Armenisch, sodass es schwierig (eigentlich unmöglich) war, zu verstehen. Aber der clevere Geschichtsstudent weiß natürlich woher er die nötigen Informationen bekommt und wird das im Selbststudium nachholen. 

Die Nationalgalerie war … da fehlen einem die Worte. Das erste, was mir dazu einfällt ist, "zu viel". Eine Ausstellung, die sich über acht Etagen erstreckt und eine Unmenge an Gemälden für die Besucher bereithält. Beeindruckend war es allemal. Vor allem die Etagen, welche sich ausschließlich mit armenischen Künstlern befassten waren großartig. Aber "zu viel" ist eben zu viel und deswegen werde ich die Ausstellung noch einmal besuchen gehen. Ich bin ja noch eine Weile hier.

Unweit des Museums befindet sich die St. Gregory the Illuminator Cathedral. Ein beeindruckender, für meinen Geschmack aber nicht schöner Bau. Aber Kirche ist Kirche und der Innenraum war in seiner kargen Klarheit schon imposant. Außerdem durfte ich einer Hochzeitszeremonie beiwohnen. Jeder, der zu diesem Zeitpunkt in der Kirche verweilte, blieb auch sitzen um sich das Brautpaar anzusehen. Soweit ich weiß, ist das in Deutschland nicht üblich. Berichtigt mich, falls ich mich irre.

St. Gregory the Illuminator Cathedral
Samstag:

Das Wochenende wurde von mir erstmal ganz unspannend mit alltäglichen Tätigkeiten eingeleitet. Nach dem Frühstück war ich in VAS einkaufen. Ein Supermarkt, der alles zu bieten hat, was man so braucht (und in dem man nicht mit den Verkäufern reden muss, weil die Preise ja dran stehen … Armenischer Sprachkurs! Wo bist Du?) und wir brauchten dringend Reinigungsmittel für Bad und Küche sowie Waschmittel. Also alles eingekauft und zurück zum Bunker (Erklärung folgt), habe ich mich nach einer zweiten Tasse Kaffee ans Badputzen gemacht. Glaubt mir, es war nötig. 

Nach dem das geschafft war, stand auf einmal Thomy in der Tür. Ein Franzose, der in Gyumri sein Projekt hat und wegen eines Kunstfestivals übers Wochenende nach Yerevan gekommen ist. Da ich ab Mittwoch auch in Gyumri sein werde, hatte ich natürlich eine Menge Fragen und wir haben uns auf Anhieb blendend verstanden. Nach einem gemeinsamen Mittag, sind wir beide dann auch noch mal in die Innenstadt zu den Kaskaden gelaufen. Warum noch einmal? Ganz einfach, weil ich längst nicht alles gesehen hatte und Thomy mir erzählte, dass in dem Gebäudekomplex auch eine Ausstellung zu besichtigen ist. Ihr habt ja schon die Bilder der Kunstgegenstände gesehen – es ist nicht mal im Ansatz alles, was es zu bestaunen gibt und die Auswahl der Bilder für Euch fällt mir mehr als schwer. 

Blick von den Kaskaden auf Yerevan

Nach drei Stunden Kunst und Kultur ging es zurück in unsere Herberge und dann hieß es – NIGHTLIFE! 

Wir sind dann zu viert losgezogen und jeder meinte, er kenne eine Bar oder einen Club, in den wir unbedingt gehen müssten. Also habe ich mich einfach dran gehängt und war gespannt. Die Show, die wir uns eigentlich ansehen wollten, hatten wir verpasst, weil wir den Weg nicht fanden, also habe wir unser Beisammensein gleich in die erste Bar verlegt. Das Hemmingways ist ein kleiner toller Laden gewesen und es war schön, mal nicht alleine, sondern in Gesellschaft unterwegs zu sein. Nun zu fünft, ging es danach weiter in einen armenischen Club. Man können die Party machen. Der DJ war gut drauf und die Leute hatten Spaß, wir hatten Spaß. 
Auf einmal waren wir nur noch zu dritt, und unsere letzte Station sollte "That Place" sein. Ein Club, der im Inneren eines Parkhauses ist. Kellergeschoß natürlich.

Die Nacht war großartig und das Nachtleben in Yerevan ist toll. Die Leute sind gut drauf und wenn man mit Ihnen Gespräch kommt (Falls…falls man mit Ihnen ins Gespräch kommt) dann sind alle sofort Dein bester Freund. Es war – AWESOME!

Im Hemmingways – v.l.n.r: Christian, Thomy, Lídia und Philipp (?)
Sonntag:

Nach Samstag Nacht hatte ich Lust wieder alleine eine Runde durch Yerevan zu drehen. Mit gepackten Sachen ging ich erst zur Vernisagge, ein Markt für Alles. Kunst, Schmuck, Bücher und vor allem … Schach- und Backgammonspiele. Auch hier muss ich gestehen, dass ich mich ein bisschen erschlagen gefühlt habe. So viele Sachen, dass ich gar nicht wusste, wo als erstes hinzusehen. I'll be back!

Die zweite Station für den Tag sollte das Genozidmuseum werden. 
Der Weg dorthin war lang und ich nutzte die Gelegenheit Yerevan in mich aufzusaugen wo es nur ging. Meistens war es Autoabgas! Aber es war abendteuerlich und die letzte halbe Stunde des Weges ging es nur bergauf. Aber so richtig.

Der Genozid an den Armeniern ist ein Historisches Ereignis, welches bis heute nicht wirklich verarbeitet ist. Das Museum und die Gedenkstätte ragen mächtig und mahnend auf dem Berg, auf dem sie sich befinden, und man fühlt, dass es nicht angenehm sein wird, wenn man oben ankommt. 
Der Rundgang durch das Museum war bespickt mit Bildern der schrecklichen Taten jener Jahre, sodass man den Raum eigentlich so schnell wie möglich wieder verlassen möchte. Es ist bedrückend. 

Die Gedenkstätte, eine Art steinerne Flamme, die in den Himmel ragt und in dessen Inneren ein ewiges Feuer brennt, ist ein Ort, an dem man das Gefühl bekommt, nicht wirklich hier sein zu dürfen. So ging es mir zumindest. Es war, als würde man mit der Besichtigung der ewigen Flamme das Andenken an die Opfer beschmutzend. Wieder ist erdrückend das passende Wort. Anders kann ich es nicht beschreiben.

Die Ewige Flamme
Das waren die letzten drei Tage, voll mit Sightseeing und Nachtleben.
Für heute ist meine erste Armenischstunde (Ah, da ist der Sprachkurs! Gefunden!) angesetzt und ein Besuch in der Deutschen Botschaft geplant. Die nächsten Tage werden auch mit Sightseeing verplant und am Mittwoch geht es dann nach Gyumri, wo mich, ausser meinem Projekt, auch eine andere Mentalität, eine ganz andere Stadt und noch viel mehr Kultur, Land und Leute erwartet.

Ich bin gespannt!

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